Peter Gutjahr
Kurzlehrbuch Kinderkrebs
Pädiatrische Onkologie für Nicht-Onkologen
Eltem von Kindern und Jugendlichen mit Leukämie und Krebs sind mehr und mehr als Co-Therapeuten in eine besonders wichtige und wertvolle Rolle gerückt, seitdem sich die Kinderkliniken im Rooming-in, aus guten Gründen heute selbstverständlich, geöffnet haben. Dass sie in die Feinheiten einer diagnostischen Beurteilungund in die Therapiewege eingeführt und laufend informiert werden, ist notwendig für eine gedeihliche Zusammenarbeit.
Seit Jahren gehen ärztliche Bemühungen nun auch dahin, eine Literatur zuschaffen, die exakt medizin-sprachlich und zugleich allgemeinverständlich diesem Personenkreis hilfreich zur Seite geht. Für einige Einzelfragen liegt solche Literatur inzwischen vor. Professor Peter Gutjahr, Leiter der Abteilung Pädiatrische Hämatologie und Onkologie der Universitäts-Kinderklinik Mainz, hatte 1981 für die ärztliche Arbeit ein Standardwerk Krebs bei Kindern und Jugendlichen geschaffen, das sich in schneller Folge von fünf Auflagen, immer wieder auf den neusten Stand gebracht, bewähren konnte. Nun folgt aus seiner Hand für Nicht-Onkologen das Lehrbuch einer Pädiatrischen Onkologie, das medizinische Exaktheit in einer allgemeinverständlichen Sprache vorbringt und bewusst vor allem für Eltern der Kinder und Jugendlichen mit Krebs und Leukämie gedacht ist.
Mit der heute so weitgehend erreichbaren Therapiesicherheit und der optimistisch interpretierbaren Prognose werden auch die kranken Kinder und Jugendlichen mehr als früher ins offene ärztliche Gespräch hineingenommen, was ein besseres Mitmachen aus einem größeren Verständnis für alle Maßnahmen zur Folge hat. Dies unterstützend kann Eltern das Buch auch eine sachlich gute Grundlage für ihre Gespräche mit ihren Kindern sein. Die Sprache dieses im Format handlichen Buches ist bewusst angelehnt an die Einfachheit und den Gesprächston von Elterngesprächen, in denen der Autor jahrzehntelang seiner aufklärenden und verständnis anstrebenden Aufgabe nachgekommen ist. Die Idee, hier nun eine Lehrbuchlücke schließen zu sollen, kam Gutjahr im September 2008 aus der großen Resonanz einer Tagung für krebskranke Kinder, ehemalige Patienten und ihre Eltern beziehungsweise aktuell betroffene Familien, im Klinikum Mainz. Der Ehrgeiz dieses Buches ist es, sachlich exakt, stofflich ausgewogen und betont eingehend auf die Probleme der akuten Erkrankungsphase wie auch der Nachbeobachtungszeit und einer ferneren Lebensplanung, diesen durchaus schwierigen Stoff gut verständlich zu vermitteln. Der Autor steht dabei in der Pflicht einer ehrlichen, nicht bagatellisierenden Darstellung und will im mitmenschlichen Verständnis für diese vielfältig schwierigen Lebenssituationen die Ansätze einer stärkenden und tragenden Hoffnung spürbar machen, wo auch immer sie sich zeigen. Besonders hilfreich ist aus dieser selben ärztlichen Haltung ein sachkundiger und mitfühlender Beistand, wenn er bei einem Rezidiv (einem erneuten Krankheitsschub), beim Auftreten einer zweiten Krebserkrankung nach Ausheilen einer primären Krebsform und auch, schlimmsten Falls, im Sterben einer jeden Lebenshoffnung gefordert ist. Pro Jahr erkranken in Deutschland 1800 Kinder und Jugendlicheneu an einer Krebskrankheit. 70 bis 80 Prozent können geheilt werden. Entsprechend der Reihenfolge ihrer Häufigkeit nimmt die Darstellung der verschiedenen Leukämie-Formen den größten Raum ein, gefolgt von Tumoren der Lymphknoten, des Gehirns, von Neuroblastomen, Nierentumoren, Tumoren an Knochen und in Weichteilen, Keimzelltumoren, Augen- und Lebertumoren unteranderen, die statistisch sehr selten sind. In einleitenden, allgemein orientierenden Abschnitten wird der Leser auf das Wesen bösartiger Krankheiten, auf Ursachen und Altersschwerpunkte hingewiesen. Erste Zeichen einer Erkrankung sollten schnell zum Arzt führen, dessen gezielte Diagnosetechniken im Einzelnen dargestellt werden. Die heute so wirksamen Behandlungsstrategien werden besprochen: Chemotherapie, Operation, Bestrahlung, Unterstützung der Immunabwehr. Auch alternative Therapiebemühungen finden Verständnis wie auch kritische Beurteilung. Jede Altersgruppe betroffener Kinder, vom Säugling bis zum Jugendlichen, bringt eigene Reaktionsweisen mit, die einfühlsam mitbedacht sein sollen. Besondere Probleme im Hinblick auf Schule und Beruf und spätere eigene Familienplanung werden angesprochen. Von seinem Inhalt und seiner didaktischen Konzeption her ist das preisgünstige Buch neben dem vordergründig dargestellten Elternbezug auch jenen Berufsgruppen zu empfehlen, die heute in verschiedenen Kontaktformen mit onkologischen Krankheiten bei Kindern zu tun haben, ohne von ihrer wissenschaftlichen Grundausbildung her über die spezifischen Wissensinhalte zu den onkologischen Problemen zu verfügen, die nun erwünscht, ja notwendig wären: Kinderkrankenschwestern, Sozialarbeiter, Physiothe-rapeuten, Psychologen und Reha-Mediziner.
Prof. Dr. Michael Hertl
Quelle: WIR DLFH