Chico Mello Mimesis und musikalische Konstruktion ISBN: 978-3-8322-9423-6 Prijs: 49,80 € / 99,60 SFR |
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Im ersten Teil der Studie, der evolutionären Prozessen gewidmet ist, steht der mimetische Zusammenhang von Lautkommunikation, Sprache und Musik im Vordergrund, wobei historische und aktuelle Erklärungsmodelle mimetischer Strukturen im Beziehungsfeld zwischen Natur und Kultur einbezogen werden. Der zweite Teil der Arbeit ist eine Betrachtung von Mimesis als Anteil semiotischer beziehungsweise kognitiver Strukturbildungen in musikalischen beziehungsweise kompositorischen Kontexten. Dabei geht es vor allem um die Einschreibung körperlicher Erfahrungen in die Ausbildung von und Arbeit mit Zeichensystemen und Bedeutung, Symbolen oder Metaphern. Mimesis als zentraler Aspekt intersubjektiver Angleichungs- oder Distanzierungsprozesse und damit kultureller bzw. künstlerischer Identitätsbildung wird im dritten Teil der Arbeit thematisiert. Beispiele von Dieter Schnebel, Frederic Rzewski, Chris Newman und Coriún Aharonián ergänzen und konkretisieren hier die theoretischen Erläuterungen, wie es im zweiten Teil der Arbeit eigene Stücke und Klangkompositionen von Peter Ablinger getan hatten. Chico Mellos Dissertation ist ein Buch geworden, in dem man den Ausführungen und (Weiter)Entwicklungen der ersten Beobachtungen gerne folgt, dies nicht zuletzt auch deshalb, weil den Lesern ähnliche eigene Erfahrungen zugetraut werden. |
Ausgangspunkt der musikwissenschaftlichen Dissertation des brasilianischen, in Berlin lebenden Komponisten Chico Mello waren Beobachtungen bei der Entwicklung seines Sohnes, das heißt die kindliche Weltwahrnehmung und die allmählichen Lernprozesse, in denen sich das Benennen und Verstehen von Erfahrungen vollziehen. In der 2008 in Dortmund an der Technischen Universität abgeschlossenen Arbeit Mimesis und musikalische Konstruktion werden diese Beobachtungen auf kompositorische Bereiche ausgedehnt. Dabei wird Mimesis erstens als Verwandtschaft und Verwandlung im Sinne von Nachahmung und Anverwandlung, zweitens als Aspekt der musikalischen Konstruktion und drittens als Mittel der künstlerischen Identitätsbildung untersucht. Mello bezieht sich auf Mimesis nicht nur als Konzept von Imitation oder Ähnlichkeitsbildung, sondern auch von Kontakt, Ansteckung, Verführung oder Intertextualität, also von dynamischen Wechselwirkungen. Diese unterschiedlichen Bedeutungsebenen von Mimesis werden in der Einleitung ausführlich diskutiert.
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Bron: Positionen, Heft 91, Seite 54 | |
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