Jörn Jacobs Wie sprechen unsere Nachbarn? Eine Gesamtübersicht über die Länder und Sprachen Europas Volume 31 ISBN: 978-3-8322-8310-0 Prijs: 29,80 € / 59,60 SFR |
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Das Buch enthält einige Perlen.
Eine davon fand ich auf Seite 93. Dort werden 41 Dialektversionen des Satzes aus Wilhelm Buschs Plisch und Plum: "Aber hier, wie überhaupt, kommt es anders, als man glaubt" aufgelistet. Zum Beispiel im Solinger Platt (meiner Kindheit): Äwwer hie, wie´t dökkes es, kömmt et angersch, janz jeweß. Oder Saarbrücken: Immer hadd, soolang Godd lenggd, manscher Mensch oft falsch gedenggd. Mit Kasselanisch, Leipziger und Siebenbürger Sächsisch, Schlesisch und Züridütsch dazu. Ein Mordsvergnügen. Ich habe angefangen, die Sprüche auswendig zu lernen. Der Autor schreibt über die Eigenschaften von Nachbarsprachen des Deutschen. Das geht von Französisch und Niederländisch über Polnisch bis Türkisch. So weit so gut. Es sind Sprachen von Ländern "in bequemer Flug-Reichweite". Aber auch Chinesisch und Japanisch sind dabei. Ferne "Nachbarn", ohne Zweifel. Geographisch und kulturell. Jörn Jacobs kennt sie und unterrichtet uns über deren Sprachen, ihre Schreibung und Aussprache, den Formenbestand und den Satzbau. Auf den gut 300 Seiten seines Buchs kippt der Autor ein Füllhorn von Informationen über den Leser aus. Er hat eine Menge drauf. Wer keine Ahnung von Makedonisch hat, findet bei ihm reiche Auskunft. Wer glaubt, er kenne Englisch, dem zeigt er, dass er sich Illusionen macht. Auch wenn Englisch für den Anfänger tatsächlich eine leichte Sprache ist. Chinesisch übrigens auch. Und dann die Vorurteile: Jacobs widerlegt, dass Latein das logische Denken schule. Oder dass diese aufregende alte Sprache eine gute Grundlage für das Erlernen des Italienischen oder Spanischen sei. Ein Umweg zu den heute lebenden Töchtern des Lateinischen und Zeitvergeudung ist es. Und er zeigt, weshalb die Plansprache Esperanto nichts bringt. Ein Autor, der sehr viel weiß, hat Mühe mit der Systematik. Abschweifungen, Exkurse, Einschübe, "Gastthemen" überdecken den gedanklichen Zusammenhalt. Vollständigkeit und Masse gehen bisweilen über lenkende Ideen. An denen entlang könnten die Informationen stärker geordnet sein. Genau besehen hat Jörn Jacobs ein Nachschlagewerk geschaffen. Vergleichbar mit den Lexika "Sprache" bei Fischer oder bei Metzler, die wir regelmäßig benutzen. Ich hätte Lust, dem Verfasser zu empfehlen, sein in jeder Hinsicht lehrreiches Buch umzugestalten: Artikel in alphabetischer Reihenfolge von A Albanisch bis Z Zigeunersprachen. Mit Esperanto, dem japanischen Kanji und der Bilderschrift der Chinesen dazwischen. Ein Ding halb Fischer-Taschenbuch, halb hochrangiges Werk von Metzler. Ausführlicher als das erste, das schon sehr in die Jahre gekommen ist. Reichhaltiger, weniger wissenschaftlich und für den interessierten Laien allemallesbarer als beide. Die Entzauberung von weit verbreiteten Gemeinplätzen und die vielen freundlichen Anstöße, Sprachen zu lernen- ob Japanisch oder Jiddisch, Rumänisch oder Russisch- sollte Jörn Jacobs beibehalten. Dieses Lexikon würde ich kaufen. Gerd Schrammen |
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Bron: Sprachnachrichten: Das weltweite Netz der deutschen Sprache, Nr. 57 (1/2013). S. 18. | |
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