Recensies: 21 | Pagina 1 van 3 |
Franz Rubenbauer Linguistics and flight safety: Aspects of oral English communication in aviation Es ist unbestritten und bedarf auch keiner besonderen Erklärung, dass eine einwandfreie Kommunikation essentiell für die tägliche Arbeit von Piloten und Fluglotsen ist. Zudem belegt die Einführung der „english language proficency tests", dass die Bedeutung einer korrekten Verständigung mittlerweile auch von offizieller Seite erkannt worden ist. Franz Rubenbauer, selbst Flugzeug-führer und beim Luftfahrtbundes-amt beschäftigt, nimmt sich mit seinem in eng-lischer Sprache verfassten Buch dem Thema Kommunikation und Sicherheit an. In seiner rund 100 Seiten umfassenden Publikation stellt er, mit kompe-tenter und engagierter Unterstützung zweier Mitar-beiter der DFS, nicht nur die naheliegenden Gründe für eine exakt definierte Luftfahrtsprache dar, sondern geht auch näher auf die Besonderheiten der Gramma-tik und Ausdrücke der „Standard Phraseology" im Vergleich zur gewöhnlichen englischen Sprache ein. Dabei hält er, durch Beispiele und Erfahrungen aus derVergangenheit, stets einen direkten Bezug zur Pra-xis. Und derer gibt es bedauerlicherweise genug: Seit den 1950er Jahren sind mehr als 300 Vor- und Unfälle dokumentiert, die mit Verständigungsschwierigkeit in Verbindung gebracht werden können. In einem Anhang listet Rubenbauer annähernd fünfzig dieser Desaster auf, einschließlich einer knappen Beschrei-bung des sprachlichen Einflusses auf die jeweilige Unfallursache. Einen großen Teil seiner Arbeit nehmen Schilderungen über die Entstehung von Missverständnissen ein. Leider muss auch hier wieder das bekannte Negativ-beispiel der Katastrophe auf dem Flughafen von Los Rodeos auf Teneriffa aus dem Jahr 1977 herhalten. Darüberhinaus finden sich im Anhang drei exempla-rische Tonbandumschriften weiterer Vorfälle. Schade, dass die DFS für dieses Buch nicht längst die Werbetrommel gerührt hat, zumal sie mit Stolz darauf hinweisen könnte, dass ihre engagierten Mitarbeiter mithalfen. Dennoch haben sich in diese Arbeit bedau-erlicherweise auch einige - insgesamt betrachtet allerdings vernachlässigbare - Fehler eingeschlichen. Weshalb der Text mit doppeltem Zeilenabstand aber in sehr kleinem Schriftgrad abgedruckt wurde, dürfte das Geheimnis des Verlagshauses bleiben. Aufgrund seines fachwissenschaftlichen Charakters ist es sicherlich keine leichte Urlaubslektüre. Gleichwohl sollte es nicht nur den Berufseinsteigern mit auf den Weg gegeben werden, sondern auch, insbesondere im Hinblick auf jene proficency tests, erfahreneren Kollegen zur Erinnerung und Sensibilisierung dienen. Quelle: der flugleiter, 6/2010 |
Recensie: 20.12.2010der flugleiter, 6/2010 Reeks: Linguistik Franz Rubenbauer - Linguistics and flight safety: Aspects of oral English communication in aviation978-3-8322-8233-2 Es ist unbestritten und bedarf auch keiner besonderen Erklärung, dass eine einwandfreie Kommunikation essentiell für die tägliche Arbeit von Piloten und Fluglotsen ist. Zudem belegt die Einführung der „english language proficency tests", dass die Bedeutung einer... » meer |
---|---|
Jochen Strathmann Spanisch durch EuroComprehension: Multimediale Spracherwerbsprozesse im Fremdsprachenunterricht Der Autor stellt ein entwickeltes Lehr/Lernkonzept Spanisch durch EuroComprehension vor, das auf neuesten Erkenntnissen zum multimedialen Lernen und Prinzipien der Mehrsprachigkeitsdidaktik basiert und somit Schülerinnen und Schülern einen effizienten und bedarfsorientierten Spracherwerb ermöglicht. Die im Rahmen von Schulprojekten durchgeführten empirischen Untersuchungen fokussieren die multimedialen Spracherwerbsprozesse, die im Blended-Learning-Verbund nach EuroCom rezeptive Kompetenzen des Spanischen erwerben. Die Ergebnisse liefern wertvolle didaktisch-methodische Hinweise für den Einsatz der interkomprehensiven, multimedialen Lehr- und Lernkonzeptes und liefern Anregungen für die weiterführende Forschung der Interkomprehensions- und Mehrsprachigkeitsdidaktik. Quelle: Zeitschrift für Romanische Sprachen und ihre Didaktik, Heft 4.2, Seite 234 |
Recensie: 10.12.2010Zeitschrift für Romanische Sprachen und ihre Didaktik, Heft 4.2, Seite 234 Reeks: Editiones EuroCom Jochen Strathmann - Spanisch durch EuroComprehension: Multimediale Spracherwerbsprozesse im Fremdsprachenunterricht978-3-8322-8831-0 Der Autor stellt ein entwickeltes Lehr/Lernkonzept Spanisch durch EuroComprehension vor, das auf neuesten Erkenntnissen zum multimedialen Lernen und Prinzipien der Mehrsprachigkeitsdidaktik basiert und somit Schülerinnen und Schülern einen effizienten und bedarfsorientierten... » meer |
Karl Besemer Gott, wo bist du? Menschen auf der Suche nach dem verlorenen Gott
Ganzheitliche Erfahrung Quelle: REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER , 20. November 2010 |
Recensie: 22.11.2010REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER , 20. November 2010 Reeks: Lebens- und Glaubenswelten Karl Besemer - Gott, wo bist du?Menschen auf der Suche nach dem verlorenen Gott 978-3-8322-9402-1
Ganzheitliche Erfahrung |
Sarah Albiez Die “Breve relación” des Pedro Ponce de León Ein unbekannter Autor und sein Bericht über religiöse Praktiken in Zentralmexiko (mit CD ROM)
Die "Breve Relación de los dioses y ritos de la gentilidad" des Pedro Ponce de León ist eine der wenigen zeitgenössischen Quellen über das religiöse Leben im alten Mexiko. Quelle: AmerIndian Research. Zeitschrift für indianische Kulturen von Alaska bis Feuerland. 2010, Nr.18 |
Recensie: 02.11.2010AmerIndian Research. Zeitschrift für indianische Kulturen von Alaska bis Feuerland. 2010, Nr.18 Reeks: Bonner Amerikanistische Studien Sarah Albiez - Die “Breve relación” des Pedro Ponce de LeónEin unbekannter Autor und sein Bericht über religiöse Praktiken in Zentralmexiko (mit CD ROM) 978-3-8322-8141-0
Die "Breve Relación de los dioses y ritos de la gentilidad" des Pedro Ponce de León ist eine der wenigen zeitgenössischen Quellen über das religiöse Leben im alten Mexiko. |
Marc Engels Die "Wirtschaftsgemeinschaft des Westlandes" Bruno Kuske und die wirtschaftswissenschaftliche Westforschung zwischen Kaiserreich und Bundesrepublik Die Aachener Dissertation möchte, wie Engels zu Beginn darlegt, am Beispiel der Berufsbiogra-phie des Kölner Wirtschaftswissenschaftlers und -geographen Bruno Kuske eine strikte Vorstellung revidieren: nämlich die einer von den konkreten politischen und historischen Bedingungen abgeho-benen und unabhängig forschenden Wissenschaft einerseits und andererseits einer Politik, „die aus dem Wissensangebot das ihr Genehme auswählt". Die Arbeit solle vielmehr dazu beitragen zu erklä-ren, „warum sich die Wissenschaft mit ihrem traditionell hohen Autonomiegrad und -anspruch nicht nur reibungslos in die nationalsozialistische Gesellschaft einfügte, sondern aktiv an ihrer Gestaltung mitarbeitete" (S. 8). Zur Beantwortung dieser Frage geht Engels dem theoretischen Selbstverständnis Kuskes nach, der als Wirtschaftswissenschaftler in seiner Wirtschaftsraumlehre und der damit ver-bundenen grenzüberschreitenden ökonomischen Westforschung seinen gesellschaftlichen Nutzen ebenso in der Weimarer Republik wie unter der NS-Herrschaft unter Beweis zu stellen suchte. Zu diesem Zweck „produzierte" Kuske nicht nur nationalökonomisch „verwertbares Wissen", sondern suchte es zugleich auch in den Massenmedien seiner Zeit, vor allem im Rundfunk, aber auch in der Presse, zu verbreiten und zu popularisieren. Er betrieb damit die Durchsetzung einer neuen Wissen-schaftsdisziplin, die sich auf ein kommunikatives Netzwerk stützte und damit „Medialisierung", ja „Massenmedialisierung" betrieb und geschickt die eigene Machtposition Kuskes in der Wissen-schaftsorganisation stärkte. Kuske (geb. 1876 in Dresden, gest. 1964 in Köln) ist ein interessantes Beispiel dafür, dass es im Kaiserreich in einzelnen Fällen möglich war, dass ein begabter junger Mann aus einer Handwerkerfamilie, der nur die Volksschule besucht hatte, über den Besuch einer Präparandenanstalt und eines Volksschullehrerseminars nicht nur ein Universitätsstudium absolvieren und promovieren konnte. Es war ihm vielmehr sogar möglich, sich an der Kölner Handelshochschule schon 1908 auch zu habilitieren und 1919 an der neu gegründeten Kölner Universität Ordinarius für Wirtschafts-geschichte und 1923 auch für Wirtschaftsgeographie zu werden. In den Jahren 1917 bis 1923 hatte er die vierbändige Quellensammlung zur Geschichte des Kölner Handels und Verkehrs im Mittelalter veröffentlicht. Auch hatte er den Grundstock zum Rheinisch-Westfälischen Wirtschaftsarchiv gelegt, das er seit 1920 leitete. Die Kölner Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät wählte ihn 1923 zum Dekan und die Universität 1931 zum Rektor. Es war allerdings nicht ganz so, dass Kuske, wie S. 8 vermutet wird, 1923 in Köln „erster wirtschaftshistorischer und -geographischer Ordinarius einer deutschen Hochschule" gewesen wäre. Diese Verbindung war älter. Und was die Etablierung der Wirtschaftsgeographie als eigenständige Disziplin betrifft, so waren hierin schon 1912 Alfred Rühl, der „Altmeister der Wirtschaftsgeographie" (Erich Otremba) an der Universität Berlin und ebendort 1913 der Verkehrsgeograph Ernst Tiessen voraufgegangen. Die Grundqualifikation Kuskes lag auf dem Gebiet der Wirtschaftsgeschichte. Von hier aus erschloss er sich die Dimension der wirtschaftlichen Funktion und Verflechtung von Räumen und wurde nach dem Ersten Weltkrieg der erste wirtschaftswissenschaftliche Vertreter der sog. Westfor-schung. Hatte Kuske im Ersten Weltkrieg, im Unterschied etwa zu dem Bonner Nationalökonomen Hermann Schumacher, der an der Kriegszieldiskussion von 1914ff. einen erheblichen Anteil hatte, noch kaum eine Rolle gespielt, so gewann er nach dem Krieg als Forscher und Wissenschaftsmanager beträchtlich an Einfluss. Engels´ berufsbiographischer Ansatz zeigt, dass Kuske ein professionelles Netzwerk aufbauen konnte, das ihn bis 1933 in der rheinisch-westfälischen Wissenschaftsorganisa-tion, aber z.T. auch über diese Region hinaus, zu einem wichtigen Koordinator sowohl der Raum- als auch der grenzüberschreitenden Westforschung machte. Mit einer immensen Betriebsamkeit, die Engels im Einzelnen deutlich zeigt, „etablierte" Kuske sich als Experte für ökonomisch-historische Fragen Westdeutschlands, „positionierte" sich als neutraler und unabhängiger Fachmann und ent-wickelte „dynamische Aktivitäten mittels Vernetzung" (S. 188). Dieses von Kuske teils selbst aufgebaute, teils übernommene und benutzte wissenschaftliche Netzwerk, in das er sich selbst immer wieder einbrachte, war zwar in erster Linie auf Köln und den rheinisch-westfälischen Raum zentriert, reichte aber schon vor 1933 bis in die Berliner Hauptverwaltungen der Deutschen Forschungsgemeinschaft, der Reichsarbeitsgemeinschaft für Raumforschung, bis in das Zentrum der Reichs-stelle für Raumordnung, ins Berliner Institut für Konjunkturforschung und sogar ins Auswärtige Amt. Der Schwerpunkt lag aber im Dreieck der rheinischen Universitäten Bonn und Köln und der RWTH Aachen, darüber hinaus auch in Kuskes engen Kontakten zur Universität Münster und zum dortigen Westfälischen Provinzialinstitut. Vor allem im Rheinland selbst erwiesen sich die Beziehungen Kuskes zur provinzialen Landesplanungsgemeinschaft, zur Rheinischen Volkspflege und deren Gegenprogramm zur Kulturpropaganda der französischen Besatzungsmacht, zum Bonner Institut für geschichtliche Landeskunde und nach 1933 zu den westlichen Aktivitäten der Volksdeutschen Forschungsgemeinschaften als sehr eng. Auch waren die schon 1920 von dem Duisburger Oberbür-germeister Most gegründete Volkswirtschaftliche Vereinigung im Rheinisch-Westfälischen Industrie-gebiet und das 1926 in Essen errichtete Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung für Kuske schon bald zu wichtigen Partnern geworden. Hinzu kamen besonders nach 1933 auch Kuskes Initiativen zur Gründung von Hochschularbeitsgemeinschaften für Raumforschung an den rheini-schen Universitäten, die Landesarbeitsgemeinschaften für Raumforschung und, besonders im Zweiten Weltkrieg, die Westdeutsche Forschungsgemeinschaft, die sich mit nationalsozialistischer Rückendeckung zunehmend mit grenzüberschreitenden, mehr und mehr auch propagandistischen und annexionistischen Plänen für die Niederlande, Belgien und Nordfrankreich befasste. In diesem verwirrenden Knäuel von Verbindungsfäden, die hier nicht einmal alle genannt werden können, konnte sich Kuske anfangs als dominierende Persönlichkeit einrichten. Engels´ Dissertation leistet hier grundlegende Erkenntnisarbeit. Es überrascht allerdings in der Darstellung Engels´, wie Kuske als ehemaliger Sozialdemokrat, der sich auch schon im Zusammenhang mit seinem außerhalb des Bildungsbürgertums gelegenen Engagement am Kölner Freigewerkschaftlichen Seminar (gegr. 1920) für zehn Jahre als nebenamtlicher Dozent eingebracht hatte, den Einschnitt von 1933 - lediglich durch eine kurzzeitige Amtsbeurlaubung an der Universität unterbrochen - überstehen konnte. Dabei haben wohl seine in der Weimarer Republik und während des alliierten Besatzungsregimes unter Beweis gestellte nationale Gesinnung und seine prominente Mitwirkung an der patriotischen Kölner Jahrtausendfeier von 1925 sowie seine bis dahin erwiesene Nützlichkeit für die Stadt Köln und ihre kommunale Universität eine Rolle gespielt. Engels legt hier aber auch den Gedanken nahe, dass 1933 möglicherweise auch die enge Zusammenarbeit Kuskes mit Walther Däbritz, dem nationalsozialistischen Leiter des Essener Rhei-nisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (Affiliation des Berliner Instituts für Konjunk-turforschung) eine für Kuske „entlastende" und hilfreiche Bedeutung hatte. Kuske setzte sich in der Folge umso mehr für die nationalsozialistische Sache ein, als er behauptete, auch schon früher eine Synthese nationalen und sozialen Gedankenguts angestrebt zu haben, und wurde 1937 in die NSDAP aufgenommen, wobei - das sagt Engels allerdings nicht - sicher auch Gauleiter Grohe ein Wort mit-zureden hatte. Kuske nahm auch Aufträge für wissenschaftliche Ausarbeitungen über die Positionen des von der NSDAP unterstützten Grenz- und Auslandsdeutschtums an, schloss sich in der West-forschung der „Germanischen Forschungsaufgabe", besonders gegenüber den Niederlanden, an und wurde zu einem Verfechter wirtschaftlicher Großraumlösungen, bei denen z.B. die belgischen und niederländischen Nordseehäfen im Krieg schon als Teile einer großdeutsch-germanischen Infrastruk-tur verstanden und expansiv weiter verplant wurden. Aufträge der SS kamen hinzu. Auch wenn viele dieser Aktivitäten im Krieg oft weniger wissenschaftlichen als fast schon propagandistischen Charakter trugen, forderten sie doch die ganze Kraft eines rastlos arbeitenden Mannes, von dem man nicht so recht sagen konnte, wo er eigentlich seine Energie „tankte" und wo seine gesellschaftlichen und persönlichen Kraftquellen lagen. Engels „berufsbiographischer" Ansatz be-schreibt und analysiert hier fast ausschließlich Organisationsstrukturen oder -reibungen, wobei die Person Kuskes selbst eigentlich vage und grau bleibt. Das soziale Umfeld, seine Familie und Freunde bleiben außerhalb der Betrachtung. Hier stößt der berufsbiographische Ansatz, der auch in seiner spezifischen Beziehung zur biographischen Methode nicht genau definiert wird, m.E. an seine Grenzen. Denn abgesehen von der frühen Bildungsgeschichte Kuskes erfahren wir nur wenig und ledig-lich indirekt etwas über das private Umfeld dieser „Berufsbiographie". Welchen Familienstand Kuske überhaupt hatte, ergibt sich nur aus der Tatsache, dass es eine Tochter gab und er im August 1944, nach der „Aktion Gewitter" der SS, aus der Haft im Kölner Messelager einen Brief an seine Frau schreiben konnte, von der wir aber sonst, auch über ihr gesellschaftliches Umfeld, leider nichts erfahren. Die Tochter wird nur deshalb erwähnt, weil sie den Nachlass ihres Vaters im Historischen Archiv der Stadt Köln leider erst spät für die Forschung zugänglich gemacht hat. Selbst Kuskes Wohnquartiere in Köln, sein Verhältnis zu Nachbarn und Freunden oder seine Urlaubs- und Erho-lungsgewohnheiten, wenn er denn welche hatte, bleiben als soziale Merkmale seiner Vita fast ganz unerwähnt. Lediglich sein Wissenschaftlicher Assistent Walther Herrmann und sein Kollege Alfred Müller-Armack, mit dem ihn, wie es an einer Stelle heißt, „ein enges Verhältnis verband" (S. 309), werden an einigen Stellen nur im Kontext der wissenschaftlichen Zusammenarbeit erwähnt, so dass Effizienz und Friktionen der Kooperation weitgehend ohne persönliche Bezüge dargestellt sind. Insgesamt wäre jedoch auch dieser Hintergrund sozialgeschichtlich von Interesse gewesen. Vielleicht ist also der Begriff der „Berufsbiographie" hier doch etwas zu eng gefasst. Insgesamt muss man Engels´ Arbeit aber bescheinigen, dass sie die strukturellen und organisatorischen Aspekte als Kennzeichen des wirtschaftswissenschaftlichen „Netzwerks" Kuskes, das er z.T. noch über die Zäsur von 1945 hinaus erhalten konnte, gründlich erschlossen und analysiert hat. Dazu gehört auch die von Engels mit guten Gründen vorgenommene Einschränkung, dass es zwi-schen den europapolitischen Vorstellungen Kuskes in den Jahren nach 1940 und den europäischen Ideen der Nachkriegszeit kaum wirkliche Verbindungen gegeben hat und dass Kuske auf diese Pläne nach 1945 kaum noch innovativ Einfluss nehmen konnte. Eine solche umfassende Darstellung ist natürlich eine beachtliche Leistung. Dass Kuske in seiner Arbeit vor 1945 mehr und mehr auch ideo-logische Zugeständnisse an den NS-Geist gemacht hat, wird deutlich genug gesagt. Insofern stellt diese „Berufsbiographie", trotz der erwähnten methodischen Einwände, eine erhebliche kritische Leistung dar. Quelle: Rheinische Vierteljahrsblätter |
Recensie: 30.09.2010Rheinische Vierteljahrsblätter Reeks: Aachener Studien zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte Marc Engels - Die "Wirtschaftsgemeinschaft des Westlandes"Bruno Kuske und die wirtschaftswissenschaftliche Westforschung zwischen Kaiserreich und Bundesrepublik 978-3-8322-6642-4 Die Aachener Dissertation möchte, wie Engels zu Beginn darlegt, am Beispiel der Berufsbiogra-phie des Kölner Wirtschaftswissenschaftlers und -geographen Bruno Kuske eine strikte Vorstellung revidieren: nämlich die einer von den konkreten politischen und historischen... » meer |
Cornelia Streidt LES LANGUES AU PARLEMENT EUROPÉEN : L'USAGE DES LANGUES OFFICIELLES PAR LES EURODÉPUTÉS
Die Körperschaften der Europäischen Union verfolgen eine grundsätzlich liberale Sprachenregelung. So treffen sie zwar eine grundsätzliche Unterscheidung zwischen Amts- und Arbeitssprachen, setzen jedoch beide Formen einander gleich. Somit ist jede Sprache, die in einem Mitgliedsland der EU in offiziellen Kontexten Verwendung findet, auf europäischer Ebene zugleich Amts- und Arbeitssprache. Mit der fünften Erweiterung der EU von 2004 erhöhte sich die Zahl der Amts- und Arbeitssprachen von 11 auf 20. Es ist u.a. dieser Moment des Übergangs, den Cornelia Streidt in ihrer Studie in den Blick fasst. Die Studie arbeitet mit empirischen Daten zweier Umfragen (2000 und 2003), deren Design auf Schlossmacher (1996) basiert. Nachdem in der ersten Erhebungsphase die EP-Abgeordneten der 15 Mitgliedsländer befragt wurden, berücksichtigt die Verfasserin in der zweiten Erhebung die Beobachter und künftigen Abgeordneten der zehn Beitrittsländer von 2004. Zwar stellen die Daten nicht den objektivierbaren Ist-Zustand der Sprachverwendung im EP dar, sondern vielmehr die Spracheinstellungen der befragten Europaabgeordneten und EP-Beobachter der neuen Mitgliedsländer einerseits sowie ihre Selbsteinschätzungen über den — wohlgemerkt - eigenen Sprachgebrauch andererseits. Betrachtet man aber die Komplexität der europäischen Institutionen, deren Arbeitsbereiche auch nur teilweise öffentlich sind, ist es naheliegend, dass nur eine Untersuchungsmethodik wie die vorliegende die sprachenpolitische und arbeitssprachliche Realität zumindest annäherungsweise beschreiben kann. Gleichfalls ist jedoch anzusetzen, dass die erhobenen Sprachattitüden und language beliefs der Europaabgeordneten den Sprachgebrauch auch nur tendenziell abbilden können. Neben dieser zunächst deskriptiv angelegten Perspektive geht es der Verfasserin darum, den Status der französischen Sprache im europäischen Verwendungsrahmen zu untersuchen. Es gelingt ihr nachzuzeichnen, dass das Französische als Sprache der politischen Kommunikation auf europäischer Ebene - trotz vielfältiger sprachpolitischer Maßnahmen zur Stärkung der Frankophonie in den neuen Mitgliedsstaaten - im Abnehmen begriffen ist [82] und der Vorzug - im internationalen Vergleich nicht verwunderlich - dem Englischen gegeben wird.Die ersten beiden Kapitel sind den politischen Realia des EP, seiner Geschichte, Entwicklung, Zusammensetzung und Binnenorganisation [4-18], sowie dem Sprachenregime in der EU [19-61] gewidmet. In diesen Kapiteln werden die Grundlagen für die später folgende Interpretation der Daten bereitet und das hinreichend notwendige Wissen um die Strukturen des EP und der Sprachenpolitik der EU dargelegt. Die Verfasserin zeigt sich äußerst bemüht, ihre Darstellungen möglichst umfangreich zu gestalten. Dies gelingt ihr sicherlich uneingeschränkt im ersten, jedoch nur eingeschränkt im zweiten, die Sprachpolitik erläuternden, Kapitel. Letzteres ist mit einem Umfang von vierzig Seiten im Verhältnis zu den anderen Gliederungspunkten recht umfangreich geraten und lässt u.a. die stringente Abfolge des ersten Kapitels vermissen. Es handelt sich in diesem Abschnitt um eine recht heterogene Sammlung von Aspekten der Sprachenpolitik in den europäischen Institutionen. Streng genommen könnte eine Studie zum EP auch gut ohne einen separat diskutierten < Quelle: Zeitschrift für romanische Philologie 2010 Band 126, Heft 3 |
Recensie: 18.09.2010Zeitschrift für romanische Philologie 2010 Band 126, Heft 3 Reeks: Sprache & Kultur Cornelia Streidt - LES LANGUES AU PARLEMENT EUROPÉEN :L'USAGE DES LANGUES OFFICIELLES PAR LES EURODÉPUTÉS 978-3-8322-5746-0 Die Körperschaften der Europäischen Union verfolgen eine grundsätzlich liberale Sprachenregelung. So treffen sie zwar eine grundsätzliche Unterscheidung zwischen Amts- und Arbeitssprachen, setzen jedoch beide Formen einander gleich. Somit ist jede Sprache, die... » meer |
Marc Engels Die "Wirtschaftsgemeinschaft des Westlandes" Bruno Kuske und die wirtschaftswissenschaftliche Westforschung zwischen Kaiserreich und Bundesrepublik
Die aus einer Aachener Dissertation hervorgegangene, in vielfacher Hinsicht überfällige Studie zu dem jahrzehntelang an der Universität Köln wirkenden Wirtschaftsgeographen, Historiker, Raumplaner und populären Wissenschaftsvermittler Bruno Kuske (1876-1964) verknüpft drei berechtigterweise ungleichgewichtige Erzähl- und Erklärungsstränge. Das bedeutendste Narrativ der „berufsbiographisch" angelegten Studie präsentiert ihren Protagonisten als einen jener Professoren „neuen Typs", an deren Beispiel die Eskalationsstufen der gegen das System von Versailles und die machtstaatliche Degradierung des Deutschen Reiches gerichteten ´kämpfenden Wissenschaft´ seit 1920 punktgenau nachzuvollziehen sind. Obgleich der Lamprechtschüler und frühere nationalsoziale Naumann-Anhänger Kuske den für Hochschullehrer der ersten Nachkriegszeit in der Tat „ungewöhnlichen" Beitritt in die SPD vollzog und in kooperativem Kontakt zu den Freien Gewerkschaften stand, suchte und fand er den Anschluss an die hochgradig revisionspolitisch aufgeladenen Forschungseinrichtungen der Weimarer Republik. Von Köln aus, wo die Erfahrung der Rheinlandbesetzung, der regionalen Demilitarisierung, der Ausweisungsmaßnahmen während des Ruhrkampfes u. a. den antifranzösischen Furor anheizten, knüpfte Kuske enge Verbindungen zu dem von Hermann Aubin und Franz Steinbach geleiteten „Institut für geschichtliche Landeskunde der Rheinlande". Wenig später vernetzte er sich mit kongenialen Institutionen der - in ihrer innerdeutschen Bedeutung nicht ganz angemessen erfassten - völkisch-tribalistischen Kulturraumforschung in Münster, Frankfurt und Freiburg. In diesem Verbundsystem, in dem auf der Basis gemeinsamer grenzkämpferischer Intentionen Politik und Wissenschaft als wechselseitig ergiebige „Ressourcen füreinander" (M. Ash) obligatorisch bereitstanden, war die ökonomisch-geographische und wirtschaftshistorisch-landeskundliche Kompetenz des westdeutschen Experten an sämtlichen Brennpunkten gefragt. Er beteiligte sich an der rheinischen Tausendjahrfeier, an der Saarforschungsgemeinschaft, am methodologisch wichtigen „Raumwerk Westfalen", am „Handwörterbuch des Grenz- und Auslandsdeutschtums" und an der Westdeutschen Forschungsgemeinschaft. Dabei generierte und kultivierte Kuske einen nicht nur für ihn bezeichnenden „ahistorischen Essentialismus, der Volk und Rasse zu Wirtschaftskulturträgern" erklärte. Diese Denkfigur, die die Leitungskraft einer nationalen oder regionalen , Gemeinschaft´ in unmittelbaren kausalen Zusammenhang mit ihrem vermeintlich a priori vorhandenen ethnischen ,Wesenskern´ rückte, popularisierte der Gelehrte mit außergewöhnlicher Intensität. Seine Zeitungsartikel, Vorträge und Rundfunkbeiträge verschafften ihm eine hohe Reputation unter den politisch-administrativen sowie den wirtschaftlichen Eliten der preußischen Provinzen Rheinland und Westfalen. Auch ihre Fürsprache sorgte für einen lediglich von vorübergehenden Irritationen über die SPD-Zugehörigkeit beeinträchtigten, insgesamt jedoch reibungslosen Eintritt in das ´Dritte Reich´. Auch im nationalsozialistischen Deutschland stand Kuske in vorderster Front der antiwestlichen Wissenschaftsoffensive. In rassistischer Zuspitzung seiner überkommenen Lehrmeinungen reflektierte er mit Franz Petri über das „germanische Kulturerbe" Walloniens und Nordfrankreichs, und darüber hinaus engagierte er sich für eine noch junge, universitär verzahnte, vor allem systemkonforme Königsdisziplin: die Raumforschung. Das während des Krieges boomende Fach eröffnete dem ,nationalstilistischen´ ökonomischen Ansatz Kuskes exzellente Entfaltungsmöglichkeiten. Mit ihnen war eine wenigstens partielle Distanz zur kulturell-historisch argumentierenden Westdeutschen Forschungsgemeinschaft verbunden. Die „Expansion der Kölner Westforschung" nach Nordfrankreich, Belgien und in die Niederlande erreichte 1942 bis 1944 ihren Höhepunkt. Im Rahmen der SS-lancierten, von Engels sorgfältig rekonstruierten „Germanischen Forschungsaufgabe" stand die ökonomisch-infrastrukturelle ´Neuordnung´ des Raumes unter deutschen Hegemonialinteressen im Vordergrund. Sie wurde auch dadurch erforderlich, dass die (zwangsweise) Mobilisierung abertausender indigener Siedler für den eroberten Osten vorgesehen war. Kuskes Beteiligung an dieser den Generalplan Ost gleichsam flankierenden Forschung hat seinem persönlichen und professionellen Renommee nach 1945 keinen Abbruch getan. Schon in den frühen 1950er Jahren zählte er wieder zu den Hauptakteuren eines Wissenschaftszweiges, der sich nunmehr die Identifikation grenzüberschreitender Wirtschaftsräume mit dem Nahziel einer europäischen Einigung auf die Fahne geschrieben hatte. Der Ernst-Moritz-Arndt-Preisträger von 1944 wurde zehn Jahrespäter mit dem Bundesverdienstkreuz dekoriert. Dieser Umstand verweist auf eine zweite Möglichkeit, Kuskes Vita in Augenschein zu nehmen. Unter ihrem Vorzeichen träte, wie nur knapp angetippt werden kann, die Geschichte der verblüffenden, fast grotesken Elastizität des politischen Einflusswillen seines deutschen Gelehrten in Erscheinung. Im Kaiserreich, in zwei Republiken und in der Führerdiktatur hat sich Kuske bewährt. Darin spiegelt sich nicht etwa ein wohlfeiler Opportunismus wider, denn er hielt ja stets am Kern seiner essentialistischen Axiomatik fest. Eher reflektiert die biegsame Konformität einen nahezu unbeirrbaren Geltungsdrang, der, primär wenn es um die Nähe zur Macht und die Erlangung ihrer honorierenden Signaturen ging, eine ungebremste Dynamik entwickelte. Die Gesamtgeschichte wissenschaftlicher Eitelkeit und Egomanie ist bislang wohl noch nicht geschrieben worden. Der dritte Schwerpunkt lässt Kuskes Kriegs- und Nachkriegsforschung in den Vordergrund treten. Engels hat die Frage der inhaltlichen Kontinuität von West-Europakonzeptionen der 1940er und der 1950er Jahre als politisch-ideologisches Problem aufgefasst und demgemäß abgehandelt. Er bemerkt, dass Kuskes - pars pro toto zu nehmende - „auf Deutschland zentrierte Großraumideologie" zu kurz gegriffen habe, um der Idee, ein „positives, gleichberechtigtes und freies Europa zu begründen", in irgendeiner Weise gerecht werden zu können. Das wird prinzipiell richtig sein, trifft aber empirisch nicht immer ins Schwarze. Am Beispiel transnationaler landwirtschaftlicher Gestaltungsmodelle der 1950er Jahre ließe sich mühelos zeigen, dass die einschlägigen Blaupausen des vorangegangenen Jahrzehnts keineswegs vergessen waren. Möglicherweise treffen analoge Beobachtungen auch auf Kuskes Modelle zu, die, wie explizit dargelegt wird, nicht allein von ethnozentrischer Weltanschauung und deutschem Expansionsstreben geprägt waren,sondern auch von den gewiss handgreiflicheren Interessen der rheinisch-westfälischen Großindustrie. Ob sie in den doch schon wieder etwas kraftmeierischen 1950er Jahren altruistisch ad Acta gelegt worden sind, wäre gründlicher zu überprüfen. Dass damit eine Aufgabe benannt ist, die das Leistungsvermögen selbst ambitionierter, sachverständiger und solide interpretierender Doktorarbeiten übersteigt, sei bereitwillig eingeräumt. Quelle: Jahrbuch für Reginalgeschichte 28 |
Recensie: 04.08.2010Jahrbuch für Reginalgeschichte 28 Reeks: Aachener Studien zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte Marc Engels - Die "Wirtschaftsgemeinschaft des Westlandes"Bruno Kuske und die wirtschaftswissenschaftliche Westforschung zwischen Kaiserreich und Bundesrepublik 978-3-8322-6642-4 Die aus einer Aachener Dissertation hervorgegangene, in vielfacher Hinsicht überfällige Studie zu dem jahrzehntelang an der Universität Köln wirkenden Wirtschaftsgeographen, Historiker, Raumplaner und populären Wissenschaftsvermittler Bruno Kuske (1876-1964) verknüpft... » meer |
Gisela Probst-Effah (Hrsg.) Regionalität in der musikalischen Popularkultur Tagungsbericht Hachenburg 2006 der Kommission zur Erforschung musikalischer Volkskulturen in der Deutschen Gesellschaft für Volkskunde e.V.
Diese Publikation stellt die schriftliche Zusammenfassung der Referate anlässlich der Arbeitstagung der Kommission zur Erforschung musikalischer Volkskulturen in der Deutschen Gesellschaft für Volkskunde e.V. dar, die vom 4. bis 7. Oktober 2006 im Landschaftsmuseum Westerwald in Hachenburg stattfand. Thema dieser Tagung war die „Regionalität in der musikalischen Popularkultur" mit der Prämisse, die gegenwärtige Kultur in ihrer Komplexität und mit einer ausgedehnten geographischen und ethnischen Perspektive zu betrachten. Gisela Probst-Effah fasst in diesem Tagungsband 16 Referate zusammen, die sich mit unterschiedlicher Herangehensweise und Methodik intensiv mit diesem Thema befassen. Um sich den bearbeiteten Themen in der notwendigen Ausführlichkeit widmen zu können, scheint es angemessen, eine Besprechung der einzelnen Referate und Beiträge einer Betrachtung der Publikation als Ganzes vorzuziehen. Guido Fackler zeigt in seinem Beitrag neue Wege auf, mittels einer weit gefassten Perspektive auf urbane und ländliche Regionen ein breites musikalisches wie klangliches Spektrum zu erfassen. Als Beispiel dient die Stadt Würzburg, deren spezifische Klänge - musikalisch und außermusikalisch in Form von „Alltagsgeräuschen" - innerhalb eines Forschungsprojekts von Studierenden der Fächer Volkskunde und Musikwissenschaft der Universität Würzburg erfasst wurden. Dabei stellte sich die Frage nach der möglichen Existenz einer „Klanglandschaft", eines spezifischen „Sounds" oder individuellen klanglichen Profils von Orten. Der Forschungsansatz, die Region als Ganzes zu betrachten und die Ergebnisse in einer Ausstellung zu präsentieren, ist besonders hervorzuheben. Dass dabei ganz bewusst ästhetische Wertungen zu Gunsten von Fragen nach der Bedeutung von Musik in alltäglichen Lebenswelten in den Hintergrund traten, führt letztlich dazu, neben musikalischen Erscheinungsformen aller Art auch die Dimension Klang zur Definition des klanglichen Spektrums einer Region hinzuzunehmen. Als Ergebnis dieses Forschungsprojektes lässt sich konstatieren, dass statt einer Fixierung auf regionale Musik oder regionale Genres eine erweiterte Perspektive auf kollektive Handlungspraxen, Aneignungsprozesse und Wahrnehmungsweisen von Musik und Klängen ins Zentrum der Betrachtung rücken muss. Ein moderner und interessanter Forschungsansatz, der jedoch bei näherer Betrachtung äußerst komplex und teilweise unüberschaubar wird. Fackler behandelt dieses Forschungsgebiet trotz dessen Komplexität auf hohem sprachlichen Niveau und mittels einiger Beispiele - von Prägefaktoren und Geschmackslandschaften über musikalische Verdichtungsprozesse innerhalb einer urbanen Musikwelt und Orten musikalischer Repräsentation bis hin zu exemplarischen Soundscapes - gelingt es ihm, urbane Musik- und Klanglandschaften am Beispiel Würzburgs anschaulich aufzuzeigen. Bei den Ausführungen Ernst Kiels zur Regionalkultur der historischen Stadt Quedlinburg handelt es sich um einen weitaus weniger komplexen Themenbereich. Ausgewählte musikalische Genres - Heimatlieder und Gassenhauer - aus Vergangenheit und Gegenwart, dargestellt anhand einiger Beispiele, bieten einen Querschnitt durch das Spektrum des Volksgesangs in Quedlinburg. Wenngleich auch die Beispiele subjektiv und ohne erkennbaren Zusammenhang ausgewählt sind, zeugen sie doch von einer regen feldforscherischen Tätigkeit des Autors, die er in diesem Beitrag darstellt. Als Ergebnis des Beitrags könnte man, wie Kiel selbst im letzten Absatz konstatiert, die große Anzahl von Volksliedern des aus der mündlichen Überlieferung inden 1980er und 1990er Jahren aufgezeichneten Liedschatzes nennen.Der Aufsatz Wilhelm Scheppings mit dem Thema „Konstanten und Varianten, Umbrüche und Innovationen in der Musikalischen Volkskultur" knüpft, die Begrenzung des Themenfeldes betreffend, an den vorhergehenden Beitrag an. Schepping stellt die musikalische Volkskultur der niederrheinischen Stadt Neuss im Spiegel der Tagespresse dar. Wenngleich diese in der Musikforschung eher selten genutzt wird, kann sie doch eine ergiebige Quelle sein. An ausgewählten Beispielen demonstriert der Autor, wie anhand der Auswertung verschiedener Lokalteile der Tagespresse ein Überblick über die Vielfalt des städtischen Musiklebens gegeben werden kann. In der Einleitung setzt sich Schepping kritisch mit der aktuellen Forschungspraxis und dem Informationswert der medialen Darstellung musikalischer Volkskultur auseinander. Zudem stellt er die Frage, inwieweit die musikalische Volkskunde am „Puls der Zeit" sei. Das anfangs genannte Thema arbeitet der Autor schließlich anhand des Karnevals des Jahres 2005 in der Region Neuss auf und bildet daraus konkretisierende Aspekte, die künftig intensiver zu beobachten und bearbeiten wären. Diese Herangehensweise wäre auch über die Region Neuss hinaus wünschenswert und böte eine interessante Grundlage für weitere Forschungen. Astrid Reimers behandelt Lieder der Gegenwart als Mittel des Empowerments mit Hilfe einer Auswertung zur Bedeutung und Funktion Kölner Dialektlieder in lokalpolitischen Auseinandersetzungen. Reimers stellt dabei den im „kölschen" Dialekt verfassten Lieder ihr hochdeutsches Pendant gegenüber und ermöglicht auf diese Weise dem Leser, die Texte nachzuvollziehen. Sie stellt zudem die „kölschen" Dialektlieder in einen soziologischen und politischen Kontext und zeigt dadurch anschaulich, inwieweit gelebte musikalische Volkskultur Einfluss auf die politischen und soziologischen Gegebenheiten einer Region nehmen und Werte wie Akzeptanz und Toleranz vermitteln kann. Im folgenden Beitrag von Günther Noll wird die Behandlung des rheinischen Dialektliedes intensiviert und anhand einiger Beispiele dargestellt, inwieweit Stilmittel der Kontrafaktur und Parodie Verwendung finden. Noll behandelt damit ein Randthema der musikalischen Volkskunde. Der Autor führt zunächsteinige Aspekte zur Terminologie an, die bei der abstrakt wirkenden Themenstellung dringend notwendig scheinen. Bei näherem Hinsehen erkennt man jedoch schnell, dass mit Parodie die komisch-satirische, mit Kontrafaktur jedoch die inhaltliche Umdeutung des Textes gemeint ist - eine Praxis, die sich nicht nur im rheinischen Dialektlied findet. Mittels verschiedener Liedbeispiele - von Kontrafakturen des Dialektliedes während der NS-Zeit über Kinderlieder, Kölner Karnevalsschlager, Märsche bis hin zum Kunstlied - erörtert Noll differenziert und dezidiert ein komplexes und kaum überschaubares Themenfeld. Es lässt sich mit ihm übereinstimmend schlussfolgern, dass die allseits vertraute Singpraxis durch Kontrafakturen und Parodien wesentlich erweitert wird und so neue Inhalte und Gestaltungsformen hervorgebracht werden. Ergänzt wird dieser Beitrag durch zahlreiche Notenbeispiele. Gesellschaftliche Befindlichkeiten und Stimmungen angesichts dramatischer politischer und sozialer Veränderungen werden auch in anderen Regionen Deutschlands durch Mundartlieder reflektiert, wie Elvira Werner am Beispiel des Erzgebirges aufzeigt. Die Autorin arbeitet das Thema mittels ausgewählter Beispiele verschiedener Interpreten aus der erzgebirgischen Mundartszene auf. Erfreulicherweise stellt sie die Profile, Intentionen, Wirkungskreise und die Resonanz derausgewählten Vertreter des erzgebirgischen Mundartliedes in einem eigenen Kapitel dar, wodurch sich dem Leser die Auswahl auch als zielführend und nachvollziehbar erschließt. Im Kern der Aussage, die aufgeführten Interpreten würden auf jeweils individuelle Weise und in unterschiedlicher Qualität ihre kommunikative Verwurzelung in der Region wiedergeben, kann man ebenso mit der Autorin konform gehen, wie mit folgender Bemerkung: „Ob das Heimatgefühl in Frage stellende zeitkritische Texte oder das Heimatbild nostalgisch verklärende ,Heile-Welt-Gesänge´: In allen drückt sich die Sehnsucht nach einer (vermeintlich) intakten Kulturlandschaft und Alltagswelt aus." (184) Einer ähnlichen Thematik hat sich Wolf Dietrich angenommen, allerdings konkretisiert auf die Entwicklung in der Folk-Musik-Szene seit den 1970er Jahren. Ebenso wie Astrid Reimers, Günther Noll und Elvira Werner liegt Dietrichs Fokus weniger auf musikalischen Aspekten, sondern vielmehr auf der sich wandelnden sozialen Struktur der Szene, auf kulturellen und politischen Orientierungen und — in diesem Punkt unterscheidet er sich maßgeblich von seinen Vorrednern - auf den musikalischen Präferenzen des Publikums. Dietrich beobachtet seit den 1970er Jahren eine Art „Renaissance" traditioneller Lieder, die u. a. auch in besonderen lokalen und regionalen Ausprägungen als Dialektlied auftauchen. Der regionale Bereich beschränkte sich für diese Untersuchung auf die Folkszene im rheinhessischen Alzey-Worms. Besonders hervorzuheben ist der zwar ungewöhnliche, jedoch zielführende Ansatz, die Thematik von den Rezipienten, dem Publikum, ausgehend zu erarbeiten. Ein ebenso ungewöhnliches wie interessantes Phänomen stellt Sabrina Hubert in ihrem Beitrag „Die schwarze Welle überrollt Abtsgmünd. Heavy Metal und regionale Identität" vor. Auch wenn auf den ersten Blick regionale Identität und ein Heavy-Metal-Festival unvereinbar zu sein scheinen, gelingt es der Autorin in eindrucksvoller Weise zu zeigen, inwieweit ein Zusammenhang herzustellen ist und das Festival zu einer regionalen Identitätsbildung beitragen kann. Auch wenn die lokale Einbindung eines solchen Festivals sicherlich zu keiner musikalischen Identitätsfindung im Sinne eines Kollektivgeschmacks der gesamten Gemeinde Abtsgmünd führen kann, so bildet sie doch die Grundlage für eine regionale kulturelle Identität, die sich aus der Identifikation der Bürger mit diesem in ihrer Gemeinde stattfindenden Festival ergibt. Im Folgenden präsentiert Eva Maria Hois eindrucksvoll die Ergebnisse eines vom Steirischen Volksliedwerk, vom Österreichischen Volksliedwerk und dem Institut für Volksmusikforschung und Ethnomusikologie der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien initiierten Feldforschungsprojekts. Durchgeführt wurde dieses in den Jahren 1999 bis 2003 in der steirisch-slowenischen Grenzregion, wobei ca. 3 000 Gesänge in deutscher und slowenischer Sprache sowie Instrumentalstücke aufgenommen werden konnten. Das Repertoire entspricht weitestgehend jenem in Österreich gebräuchlichen, als Besonderheiten lassen sich zweisprachige (deutsch-slowenische) oder slowenische Lieder feststellen. Ressentiments sowohl von österreichischer als auch von slowenischer Seite verhinderten bislang ein derartiges länderübergreifendes Kooperationsprojekt, im Zuge dessen sich nunmehr erstmals volksmusikalische Belege aus dieser Region sammeln ließen. Nicola Benz erarbeitet die „Bedeutung von Großfamilien im regionalen Musikleben und die rollenspezifischen Bereiche am Beispiel der Familie Eder in Annaberg (Lammertal)" in ihrem Beitrag. Nach einem allgemeinen Abriss über die Situation der Musikkultur im Lammertal und über die Familie Eder, vulgo Weberhausfamilie, schreibt sie den unterschiedlichen Arten der Musikausübung geschlechterspezifische Eigenschaften und Orte zu. So ist Singen traditionell weiblich und findet im Weberhaus (also zu Hause)statt, während außerhäusliches Musizieren als männlich gilt. Diese klare Trennung wird durch den Tourismuss aufgeweicht, es lassen sich Veränderungen der Geschlechterrollen feststellen. In den im Vergleich zu den anderen Kapiteln sehr umfangreichen Schlussbetrachtungen schreibt Nicola Benz der Enkelgeneration der Weberhausfamilie zu, exemplarisch für die Emanzipation der Frau innerhalb der musikalischen Volkskultur zu stehen. Hinsichtlich dieser Formulierung kommt man nicht umhin, sich die Frage zu stellen, inwieweit eine „Emanzipation der Frau" innerhalb der musikalischen Volkskultur überhaupt festzumachen ist. Führt man den Gedanken fort, so stellt sich ferner die Frage, ob dies nicht vielmehr mit soziologischen und politischen Gründen zu tun hat, deren Ergebnis ein Wandel ist, der sich neben anderen Bereichen auch auf die Musikausübung innerhalb und außerhalb der Familieauswirkt. Die folgenden drei Beiträge beschäftigen sich mit unterschiedlichen Liedersammlungen. So stellt Markus Schüßler eine moselfränkische Liedersammlung vor, die teils aus den Beständen des Deutschen Volksliedarchivs Freiburg, teils aus eigenen Feldforschungen stammt. Diese Sammlung besteht aus mehr als eintausend traditionellen und neueren Liedern des moselfränkischen Gebietes. Barbara Book entdeckte im Schweizerischen Volksliedarchiv eine Liedersammlung aus dem Prättigau (Kanton Graubünden). Diese Sammlung wurde im Jahr 1913 von den Autoren Lotte Meyer und Lina von Schröder nach moderner und noch heute gültiger wissenschaftlicher Prämisse erstellt. Neben der musikalischen Bedeutung der Liedersammlung steht vor allem im Fokus der Autorin, an die engagierte Liedsammlerin Lotte Meyer zu erinnern, die im Jahre 1942 in das Konzentrationslager Theresienstadt deportiert wurde und dort am 3. März 1943 im Alter von 67 Jahren starb. Christian Schmid stellt in seinem Beitrag die Entstehung eines Liederbuches mit teils gesammeltem, teils nach Aufforderung eingesandtem Liedmaterial aus dem Kanton Zürich vor und zeigt dabei die verschiedenen gebräuchlichen Liederbücher und „Liedermacher" und deren Verbreitung auf. Aus den ca. 600 Liedern, die dem Kanton Zürich zuzuordnen sind, wurden schließlich 134 ausgewählt und in einem Liederbuch veröffentlicht, darunter ein Großteil bislang unveröffentlichte Lieder. Ein schönes Beispiel für die Subjektivität in der Auswahl, die der Volksmusikpflege als Kritikpunkt - manchmal zu Recht - immer wieder entgegengebracht wird. Die folgenden drei Aufsätze befassen sich mit verschiedenen Musikkulturen Osteuropas, genauer Südosteuropas. Katalin Kovalcsik zeigt in ihrer Fallstudie Veränderungen der Orts- bzw. Gruppenidentität im Kontext eines wichtigen Gemeinschaftsereignisses, des Roma-Balles, auf. Als Grundlage wählte die Autorin die Beasch, die drittgrößte ethnische Gruppe der Roma in Ungarn. In den Mittelpunkt ihrer Betrachtungen stellt sie Wandlungsprozesse in deren Musikkultur. Ausgehend von den Beasch-Bällen im Rahmen des Romatages erarbeitet sie die Entstehung der Roma-Ballmusik, um schließlich konkret die Forschungsergebnisse der Beasch-Bälle in einem exemplarischen Dorf darzustellen. Wenngleich es schwierig ist, sich in die Traditionen und Abläufe der Beasch hineinzudenken und auch mancher Formulierung zu folgen, so ist es doch ein interessantes Themenfeld, das eine eingehende Erforschung, wie von der Autorin umfassend vorgenommen, verdient. Ein den ersten Beiträgen dieses Bandes konträres Ergebnis bringen die Forschungen von Elena Scbischkina zur Tradition der Wolgadeutschen Ballade. Das Besondere an der Wolgadeutschen Ballade ist ihre geringe Hybridität. Im Vergleich mit anderen Genres lässt sich ein nur geringer Einfluss von russisch-sowjetischen Sozial-, Kultur- und Naturlandschaften auf die Ballade feststellen, ihre Transformationen fanden weitestgehend im musikalischen Bereich statt. Obwohl die Musikkultur der Wolgadeutschen im Jahr 1941 mit der Auflösung der Wolgadeutschen Republik und der Deportation der Bevölkerung nach Sibirien und Zentralasien teils ausgelöscht wurde, teils im Untergrund verschwand, erwies sich besonders die Ballade als weitgehend resistent gegenüber zerstörerischen Tendenzen, wie die Forschungsergebnisse Elena Schischkinas zeigen. Ergänzt durch Notenbeispiele, Fotos und die graphische Darstellung verschiedener Balladen-Schemata bietet der Aufsatz einen interessanten Einblick in dieMusikkultur der Wolgadeutschen. Schließlich behandelt Istvdn Almdsi in seinem Beitrag die regionalen Merkmale der siebenbürgisch-un-garischen Volksmusik. Ausgehend von Bela Bartök, der Siebenbürgen als ein selbständiges Dialektgebiet der ungarischen Volksmusik bezeichnet hat, arbeitet Almäsi unter Einbezug seiner Forschungsergebnisse ein differenzierteres Bild heraus. Vielfältige Einflüsse lassen Siebenbürgen als eine geographisch abgeschlossene, kulturell jedoch offene Region erscheinen, deren regionale musikalisch eMerkmale nicht in der gesamten Provinz vorhanden sind. Der Autor gibt einen sprachlich gut gestalteten Überblick über die Musikkultur Siebenbürgens, wenngleich bisweilen Notenbeispiele die im Text aufgezeigten Forschungsergebnisseanschaulicher gestaltet hätten. Der Band zur Tagung „Regionalität in der musikalischen Popularkultur" vereint die Beiträge unterschiedlicher Autoren und bildet somit ein Spiegelbild von verschiedenen Herangehensweisen und Forschungsansätzen zum Thema. Dabei ist es nicht zu vermeiden, dass die Beiträge sowohl inhaltlich wie sprachlich bisweilen große Qualitätsunterschiede aufweisen. Gisela Probst-Effah hat als Herausgeberin die Tagungsbeiträge in eine logische und teilweise aufeinander aufbauende Reihenfolge gebracht, was der Publikation insgesamt einen abwechslungsreichen und verständlichen Charakter verleiht. Aufgrund der unterschiedlichen Fachrichtungen, in denen die Autoren tätig sind, ergibt sich ein interdisziplinärer Ansatz, der das Thema von verschiedenen Standpunkten, Sichtweisen und Herangehensweisen erarbeitet. Zusammenfassend lässt sich dieser Tagungsband als interessanter, weiterführender Diskussionsbeitrag zum Thema „Regionalität in der musikalischen Popularkultur" bezeichnen. Quelle: Bayerisches Jahrbuch für Volkskunde 2010 |
Recensie: 02.08.2010Bayerisches Jahrbuch für Volkskunde 2010 Reeks: Musikwissenschaft Gisela Probst-Effah (Hrsg.) - Regionalität in der musikalischen PopularkulturTagungsbericht Hachenburg 2006 der Kommission zur Erforschung musikalischer Volkskulturen in der Deutschen Gesellschaft für Volkskunde e.V. 978-3-8322-8033-8 Diese Publikation stellt die schriftliche Zusammenfassung der Referate anlässlich der Arbeitstagung der Kommission zur Erforschung musikalischer Volkskulturen in der Deutschen Gesellschaft für Volkskunde e.V. dar, die vom 4. bis 7. Oktober 2006 im Landschaftsmuseum... » meer |
Engelbert Thaler (Hrsg.) Fußball – Fremdsprachen – Forschung
Beitrag: Ist Fußball Religion? : Theoretische Perspektiven und Forschungsbefunde. Quelle: Informationszentrums für Fremdsprachenforschung |
Recensie: 05.07.2010Informationszentrums für Fremdsprachenforschung Reeks: Sprache & Kultur Engelbert Thaler (Hrsg.) - Fußball – Fremdsprachen – Forschung978-3-8322-4729-4
Beitrag: Ist Fußball Religion? : Theoretische Perspektiven und Forschungsbefunde. |
Katja Meintel Im Auge des Gesetzes Kriminalromane aus dem frankophonen Afrika südlich der Sahara – Gattungskonventionen und Gewaltlegitimation Der zeitgenössische Roman des frankopho-nen Afrika südlich der Sahara zeichnet sich durch eine Nähe zu populärkulturellen For-men aus. Dabei handelt es sich nicht nur um das gehäufte Zitieren populärkultureller und global zirkulierender Formen wie Hip-Hop-Songs, Comic-Helden oder Filmtiteln in (hoch-)literarischen Texten. Auch populär-kulturelle Genres afrikanischer Provenienz wie der Comic, der Film oder der im Zen-trum von Im Auge des Gesetzes stehende Kri-minalroman erleben seit den 1990er Jahren eine verstärkte Rezeption innerhalb und außerhalb des afrikanischen Kontinents und avancieren zu wichtigen Referenzen des intellektuellen Lebens im subsahari-schen Afrika. Die Autorin Katja Meintel, die sich vor allem durch ihre Übersetzung des jüngsten Romans von Abdourahman A. Waberi, Aux Etats- Unis dAfrique (In den Vereinigten Staaten von Afrika), profilieren konnte, untersucht in ihrer Dissertation, auf welche Weise sich afrikanische Autoren die europäische Gattung des Kriminalromans aneignen und welche spezifische Rolle Ge-walt im Kontext der afrikanischen Kriminal-literatur spielt. In einer Einleitung diskutiert sie die-sen Prozess der Aneignung und sieht in der Afrikanisierung des europäischen Genres einen postkolonialen Charakter. Das Verdienst der Studie von Katja Meintel ist es, die afrikanische Aneignung nicht nur als bloßes writing back gegen Formen der ehe-maligen Kolonialmacht zu verstehen, son-dern jene Besonderheiten des afrikanischen Kontextes zu betonen, die den afrikanischen Kriminalroman zu einem genuin eigenen Genre avancieren lassen: Der postkoloni-ale Oppositionscharakter der afrikanischen Aneignung tritt hinter interafrikanischen Themen zurück. So ist der klassische euro-päische Kriminalroman von einem Glauben an Moral und Gesetze geprägt und steht des-halb oft in einem Gegensatz zu afrikanischen Realitäten, man denke nur an chaotische Staatsorganisationen in Diktaturen. Diese Besonderheiten afrikanischer Realität wer-den kreativ in die Gattung des Kriminalro-mans integriert, um somit eine afrikanische Form der Gattung zu schaffen, die sich the-matisch und strukturell von europäischen Vorbildern unterscheidet und löst Katja Meintel ist bewusst, dass eine Wissenschaft, die sich aus westlicher Per-spektive Afrika annähert, problematisch ist und ein Hinterfragen der eigenen Position verlangt, schließlich ist die wissenschaftliche Lektüre des Anderen, so Meintel, auch eine Aneignung des Fremden. Den Vorwurf des Eurozentrismus umgeht die Autorin da-durch, dass sie nach ihrer theoretischen Betrachtung des europäischen Kriminal-romans mit seiner Vielfalt an Untergenres den afrikanischen Krimi in seiner ganzen Fülle betrachtet. Den vier Einzelanalysen des Hauptteils stellt Meintel ein Inventar von afrikanischen Kriminalromanen in französi-scher Sprache voran und setzt einen großen Akzent auf in Afrika selbst verlegte Texte. Diese beeindruckende Materialsammlung von vergessenen oder nicht wahrgenomme-nen Texten, die europäische Bibliotheken und Leser selten erreichen, zeigt mit ihrem Fokus auf afrikanische Produktionen, dass die Autorin trotz ihrer westlichen Herkunft (sie schreibt von ihren »okzidentalen, eu-ropäischen, deutschen und schwarzwälderischen Horizonten«, n), den Gegenstand ernst nimmt. Als Hauptkorpus für ihre Einzelanalysen dienen der Autorin vier Kriminalromane, die zwischen 1984 und 2000 veröffentlicht wurden, in denen das »Motiv der gewalt-samen Selbsthilfe« (9) in einer Welt the-matisiert wird, in der staatliche Ordnungs-instanzen nicht funktionieren. Unter den Autoren des Textkorpus finden sich eher unbekannte Autoren wie Modibo S. Keita (Mali/Senegal), Moussa Konate (Mali) oder Achille Ngoye (Kongo), aber auch Mongo Beti (Kamerun), ein weit über die Grenzen Afrikas hinaus klassisch gewordener franko-phoner Autor. Die Tatsache, dass ein enga-gierter Autor wie Mongo Beti, Sprachrohr seiner Generation und einer der wichtigs-ten Intellektuellen des Kontinents, sich dem Genre des Kriminalromans widmet, mag ein Beleg für die Wichtigkeit der Populär-kultur sein. Nachdem die Autorin jeden Text ihres Korpus kurz resümiert (Modibo). Quelle: Klostermann Verlag, Romanische Forschungen, 2010 |
Recensie: 01.07.2010Klostermann Verlag, Romanische Forschungen, 2010 Reeks: Literaturwissenschaft Katja Meintel - Im Auge des GesetzesKriminalromane aus dem frankophonen Afrika südlich der Sahara – Gattungskonventionen und Gewaltlegitimation 978-3-8322-5830-6 Der zeitgenössische Roman des frankopho-nen Afrika südlich der Sahara zeichnet sich durch eine Nähe zu populärkulturellen For-men aus. Dabei handelt es sich nicht nur um das gehäufte Zitieren populärkultureller und global zirkulierender Formen wie Hip-Hop-Songs,... » meer |
|