Joachim Stoffel
Zahnarzt trifft Seele
– Psycho-Logik von Fall zu Fall
Warum sollten gerade Sie dieses Buch lesen?
Fünf Grund-Erkenntnisse haben das Motiv zum schreiben dieses Buches und zu seinem Inhalt geliefert: Auch gerade in der Zahnheilkunde ist noch immer ein
physikalisch naturwissenschaftliches Denken leitend für ein bevorzugt mechanistisches Handeln, welches alles Seelische und Geistige vom Körperlichen
getrennt als zweitrangig betrachtet. ln der Folge können viele meist chronisch verlaufende Erkrankungen nicht oder zumindest nicht ursächlich und damit auch nicht nachhaltig geheilt werden.
Dies hat zur Folge, dass betroffene Patienten oft einen jahrelangen schmerzhaften
oder zumindest die Lebensqualität beeinträchtigenden Leidensweg beschreiten, eine Odyssee von Zahnarzt zu Zahnarzt, welches ihrerseits in diese Leidensgeschichte verstrickt zunächst zum Retter ikonisiert werden, um letztlich im Denkmalsturz das Leid des Patienten zumindest im Erleben eigener Hilflosigkeit auch wirtschaftlich mittragen zu müssen.
Nahezu alle bisherigen Versuche, die Verhältnisse zu verändern sind nur auf den ersten Blick daran gescheitert, dass die in alltäglichen Erfordernissen ihrer Praxis eingebundenen Zahnärzte wenig Zeit zur Beschäftigung mit vermeintlichen "RandThemen" haben - schon gar nicht wenn es um die Erarbeitung theoretischer
Grundlagen anhand von Literatur geht. So manche Fortbildungsveranstaltung hinterlässt dann die eine oder andere Erkenntnis, dass man doch ... sollte, versandet aber dann schnell wieder unter vermeintlich alternativlosen Sachzwängen, obwohl im Jahr 2010 befragte Zahnärzte zu 80% Bruxismus und damit verbundene psychosomatische Fragestellungen als eine wesentliche Herausforderung nannten - ganz zu schweigen von den etwa 30% der Patienten, die an Depressionen oder Angsterkrankungen leiden und mit deren Somatisierungen natürlich auch zahnärztliche Praxen aufsuchen, und "Unwissenheit" bezüglich möglicher Fehldiagnosen und -Behandlungen letztlich "nicht vor Strafe schützen" kann.
Viel wesentlicher ist aber nach aller Erfahrung jene Beklommenheit, die auch naturwissenschaftlich erzogene Zahnärzte beschleicht, wenn sie sich auf die Expedition machen sollen zu jenem 8. Kontinent: unsere Gefühlswelt, die nicht nur
unsere Patienten sondern uns als Arzt selbst so wesentlich bestimmt, sich aber so
schwer messen, wiegen, zählen und einfach händeln lässt. Dem Ziel, diese Angst der Zahnärzte abbauen zu helfen und anhand praxisbezogener Beispiele Hilfestellungen für den Praxis- Alltag anzubieten, folg diese Buch in drei Hauptabschnitten: der erste Teil fokussiert die Zahnarzt-Patient-Mitarbeiter-Beziehungen mit jenen Störungen, wie sie sich aus unbewussten Konflikten, Traumatisierungen, Persönlichkeitsprägungen, sozialen Bezügen bis hin zur gesellschaftlichen Umbrüchen ergeben und zu Misserfolgen, Behandlungsabbrüchen, Burn-out und Mobbing führen, skizziert aber auch Hilfestellungen für die eigene Salutogenese, Patienten- und Mitarbeiterführung.
ln einem zweiten Abschnitt tritt die Not des Patienten, seine Ängste und letztlich in
vielfältigen Beschwerden somatisierte seelische Störung und deren Diagnose- und
Behandlungsperspektiven in den Vordergrund. Unter dem zum Allgemeingut gewordene Begriff: "Hilfe für Helfer" verdeutlicht der dritte Abschnitt in zahlreichen
Fallberichten die Komplexität psychosomatischen Geschehens, beschreibt aber auch die Hilfsmöglichkeiten ausführlich, wie sie sich aus konsiliardienstlichen angeboten und durch den Austausch über solche "schwierigen Fälle" in einer BaHntgruppe ergeben. Angefügt sind theologische Bezüge zur zahnärztlichen Psychosomatik.
Anders als ein Lehrbuch mit einem strikten Theoretischen Aufbau und Inhalt folgt dabei dieses Buch dem Wunsch des Autors, in einem "lehr-reichen" Buch jene
"Klugheit" zu vermitteln wie sie - auch aus eigenem - "Schaden" entstanden ist.
So endet das Buch auch der "Urväter" zahnärztlicher Psychosomatik zitierend mit der zusammenfassenden Behauptung, dass es nicht möglich ist zu wählen, ob Zahnärzte psychosomatisch tätig sein wollen oder nicht, sondern nur, ob sie dies für sich und die Patienten förderlich beginnen oder weiterhin schädigend vermeiden wollen.
Konsequenterweise gilt zuletzt der Ausblick der Vision eines Berufsbildes, welches dem akademischen wie menschlichen Anspruch einer ganzheitlichen Heilkunde auf einer fachlichen und ethischen wie aber auch rechtlich und wirtschaftlich soliden Basis gerecht wird, verbunden mit der Forderung an alle betroffenen gesellschaftlichen, politischen und zahnärztlichen Einrichtungen, hierbei hilfreich mitzuwirken.
Quelle: Kennzeichen ZE75MC011