Peter Gutjahr (Hrsg.)
Ehemalige Patienten und Eltern erinnern sich
(Teil II)
Die Onkologische Abteilung der Universitäts-Kinderklinik Mainz hat dank der umfassenden Denkweise ihres jahrzehntelangen Leiters Prof. Dr. Peter Gutjahr nicht nur die respektable Leistung einer präzisen Diagnostik und erfolgreichen Therapie-Statistik vorzuweisen, sondern darfauch als eine überzeugend arbeitende sozial-medizinische Institution gelten. Alles Augenmerk richtet sich gleichermaßen auf die vielschichtigen Nöte der kranken Kinder und Jugendlichen wie auch der Eltern. Dieses Zuständigsein empfindet man über die stationäre und ambulante Behandlung hinaus auch in der Nachsorge als Aufgabe.
So entstand eine Ambulanz für Langzeitüberlebende, für ehema
lige Patienten über 18 Jahre oder jüngere, falls deren Erkrankung
mehr als fünf Jahre zurückliegt.
Nicht wenige dieser ehemaligen onkologischen Patienten und ihrer Familien behielten so Kontakt zu „ihrer Klinik". Von einmal erlebten schicksalprägenden Erkrankungen und ihren Folgen kommt man eben nicht mehr los. Man ist selbst als Geheilte(r) lebenslang geprägt und beeinflusst. Manches schlägt sich psychosomal nieder, beispielsweise in Zukunftsängsten. Es kann Auswirkung auf die Berufsentwicklung und das eigene Familienleben haben. Vordergründig können auch Spätfolgen, Ausfallserscheinungen eine Rolle spielen. So ist es in den letzten Jahrzehnten vielen Gesprächen anzurechnen, dass sich Sorgen beseitigen oder minimieren ließen durch Verständnis und konkrete Hilfen. Aber auch jenen unglücklichen Eltern, deren Kinderverstarben, konnte durch den Kontakt mit vertrauten Ärzten in manchen, gerade auch
wiederholten Gesprächen am Ort ihrer früher akut schmerzlichen
Zeit vieles noch einsichtiger und damit wohl auch trostbringender
vermittelt werden.
Es beweist nun auch das Ausmaß dieses vertrauensvollen Zusammenhalts, dass eine Reihe von Geheilten, jetzt im Erwachsenenalter, in Beruf und Familie, und ihren Eltern auf Anregung von Prof. Gutjahr ihre Erinnerungen von „Damals" und „die Zeit danach" zusammengeschrieben haben. Sie wollen nichts verschweigen an Gutem und Bösem, das sie erlebten und ertragen mussten, was sie überwinden konnten, was nicht. So können dadurch heute Betroffene, die sich nach stützender Hilfe umsehen, viel gewinnen: Verstehen, Anregung zur Selbsthilfe, Mut zum Vertrauen auf andere, Trost.
In der Reihe „Pädiatrische Onkologie", die Professor Gutjahr seit 2008 unter verschiedenen Gesichtspunkten schreibt und herausgibt, ist 2009 der erste Band „Ehemalige Patienten und Eltern erinnern sich" herausgekommen (als Band drei der Reihe). Nun kann mit dieser Besprechung der zweite Erinnerungsband (Teil II als Band sieben der Reihe) angekündigt sein. Prof. Dr. Michael Hertl
Quelle: WIR, Heft 2.2011