Constantin Cantzler
Das Schleusen von Ausländern und seine Strafbarkeit
§§ 92, 92a, 92b AuslG, §§ 84, 84a AsylVfG, Beschäftigung illegaler Ausländer, Kirchenasyl, Scheinehe, EU-Recht, Reformen
Das bahnbrechende Werk beschäftigt sich intensiv mit der Schleuserkriminalität, einer Kriminalitätsform, der schon begrifflich die Heimlichkeit des kriminellen Tuns eigen ist und die deshalb im Verborgenen blüht. Cantzler befasst sich unter allen Aspekten mit den §§ 92a, 92b AuslG, die noch nicht Gegenstand vertiefter wissenschaftlicher Auseinandersetzungen waren. Seinem vordringlichen Ziel, das geschützte Rechtsgut und die Systematik der genannten Strafbestimmungen herauszuarbeiten, wird er dabei in vollem Umfang gerecht. Auch die anschließenden Ausführungen zu Einzelfragen von grundsätzlicher Bedeutung für die Strafbarkeit nach §§ 92a, 92b AuslG und zu speziellen Problembereichen verdienen nicht nur allgemeine Beachtung, sondern sind geradezu wegweisend.
Im ersten Teil des Werkes wird die Schleusungspraxis näher beleuchtet. Die Erkenntnisse, die aus dieser Praxis gewonnen werden, sind im zweiten Teil der Arbeit bei der Analyse und der Erörterung der Straftatbestände gegen das "Einschleusen von Ausländern" berücksichtigt. Der Autor stellt in diesem Zusammenhang heraus, dass zwischen Schleuserkriminaliät und Menschenhandel unterschieden werden muss, auch wenn es in der Praxis zu Überschneidungen zwischen den beiden Kriminalitätsformen kommt. Den Bezugspunkt des Schleuserhandelns bildet stets die unerlaubte Einreise einer Person in ein Land oder ihr unerlaubter Aufenthalt dort.
sodann arbeitet der Verfasser in beeindruckender Form heraus, dass die §§ 92a, 92b AuslG das "staatliche Hausrecht" der BR Deutschland schützen, wobei unter diesem "staatlichen Hausrecht" das Recht des Staates zu verstehen ist, die Entscheidung darüber zu treffen, ob und damit auch unter welchen Voraussetzungen Ausländer Zugang zum Staatsgebiet erhalten. Die Verletzung dieses Rechts ist danach die wesenseigene Konstante eines ansonsten äußerst flexiblen Schleuserhandelns. Mit überzeugender Begründung widerspricht Cantzler der herrschenden Auffassung, die annimmt, dass die genannten Strafbestimmungen teilnahmeakzessorisch zu einer "Haupttat" nach § 92 AuslG stehen. Vielmehr sind sie selbständigen Delikte, die eigenständiges Unrecht erfassen. Sie setzen keineswegs voraus, dass eine rechtswidrige und vorsätzliche Tat eines anderen vorliegt. Eine Konsequenz dieser Erkenntnis ist, dass auch die Schleusung nicht vorsätzlich oder gerechtfertigt handelnder Ausländer strafbar ist. Dieses Ergebnis dürfte sich mit der allgemeinen Einschätzung decken, dass die größte Gefahr vom Schleuser und nicht von den zu schleusenden Personen ausgeht. Der Schleuser ist der Organisator der unerlaubten Einreise, er ist der Denker und Lenker, auch wenn er im Regelfall nur im Hintergrund agiert.
Quelle: Dr. Horst E. Theis, Zeitschrift für Ausländerrecht und Ausländerpolitik 2005, S.253